Am 28. Mai 2024 wurde die neue EU-Gebäudeenergieeffizienz-Richtlinie 2024/1275/EU oder auch Energy Performance of Buildings Directive (EPBD) verabschiedet. Diese Richtlinie spielt eine zentrale Rolle im „Fit for 55“-Klimapaket der EU: Sie soll den Gebäudesektor bis 2050 vollständig dekarbonisieren und den Energieverbrauch bis 2030 um 55 % gegenüber 1990 reduzieren. Die neuen Regelungen betreffen Neubauten, Renovierungen und energieeffiziente Gebäudetechnik und müssen bis Mai 2026 in nationales Recht umgesetzt werden. Da sie umfassende Anforderungen beinhalten, ist es wichtig, sich bereits jetzt damit zu beschäftigen und bei Planungen zu berücksichtigen. Wir haben Ihnen die wichtigsten Neuerungen der EPBD zusammengefasst:
Nullemissionsgebäude
Ab dem 1. Januar 2028 müssen alle neuen Gebäude im Besitz öffentlicher Einrichtungen die Kriterien für Nullemissionsgebäude erfüllen; ab 2030 gilt dies für alle Neubauten. Zudem wird ab 2028 für Gebäude über 1.000 m² Nutzfläche das Lebenszyklus-Treibhauspotenzial im Energieausweis verpflichtend angegeben, ab 2030 dann für alle Neubauten.
Renovierungsziele
Für Nichtwohngebäude werden Schwellenwerte für die Gebäudeenergieeffizienz eingeführt. Bis 2030 bzw. 2033 müssen mindestens 16 % bzw. 26 % der Nichtwohngebäude mit der schlechtesten Gesamtenergieeffizienz diese Grenzwerte einhalten liegen. Im Wohnbereich setzt die Richtlinie auf schrittweise Renovierung: Der Primärenergieverbrauch muss bis 2030 um 16 %, bis 2035 um bis zu 22 % und langfristig weiter sinken.
Solaranlagenpflicht
Die EU verpflichtet zum Ausbau von Solarenergieanlagen auf Gebäuden, wenn dies technisch und wirtschaftlich umsetzbar ist. Bis 2026 müssen alle neuen öffentlichen Gebäude und Nichtwohngebäude über 250 m² mit Solaranlagen ausgestattet werden. Bestehende öffentliche Gebäude über 2.000 m² müssen bis 2027, Gebäude >750 m² bis 2028 und Gebäude >250m² bis 2030 Solaranlagen nachrüsten. Ab 2027 müssen auch bestehende Nichtwohngebäude über 500 m² bei größeren Renovierungen Solaranlagen erhalten. Zudem gilt die Solarpflicht ab 2030 auch für neue Wohngebäude und überdachte Parkplätze, die an diese Gebäude angrenzen.
Gebäudetechnik und Automatisierung
Nichtwohngebäude mit Heiz-, Klima- und Lüftungsanlagen müssen bei einer Leistung der Anlagen mit mehr als 290 KW bis 2024 und bei einer Leistung von mehr als 70KW bis 2029 mit Gebäudeautomationssystemen ausgestattet werden. Diese müssen u. a. den Energieverbrauch überwachen und Effizienzverluste erkennen. Zusätzlich muss das Automationssystem bis 2026 in der Lage sein, die Raumklimaqualität zu überwachen. Darüber hinaus müssen bis Ende 2027 (bei über 290kW) und bis Ende 2029 (ab 70kW) die Fähigkeit zur automatischen Beleuchtungssteuerung folgen.
Für Wohngebäude gilt ab 2026, dass neue und renovierte Gebäude mit einer elektronischen Überwachung ausgestattet werden müssen, die u.a. Effizienzverluste erkennt und Wartungsbedarf meldet.
Ladeinfrastruktur und Mobilität
Für neue Nichtwohngebäude oder solche, bei denen umfassende Renovierungen geplant und mehr als fünf Parkplätze vorhanden sind, gelten bestimmte Anforderungen. Es müssen mindestens eine Ladestation pro fünf Parkplätze installiert und 50 Prozent der Parkplätze vorabverkabelt werden, um eine spätere Nachrüstung von Ladestationen für E-Autos und andere Fahrzeuge zu ermöglichen. Zusätzlich müssen Fahrradstellplätze für mindestens 15 Prozent der durchschnittlichen Nutzerzahl oder für 10 Prozent der Gesamtzahl der Nutzenden bereitgestellt werden, einschließlich Platz für größere Fahrräder wie Lastenräder. Diese Vorgaben gelten, wenn die Renovierungsarbeiten den Parkplatz oder dessen elektrische Infrastruktur betreffen.
Für Bürogebäude mit mehr als fünf Parkplätzen, die neu gebaut oder umfassend renoviert werden, muss für je zwei Parkplätze mindestens ein Ladepunkt eingerichtet werden. Bei Nichtwohngebäuden mit mehr als 20 Parkplätzen sind bis 2027 ebenfalls Ladepunkte für jeden zehnten Stellplatz erforderlich, oder es muss eine Leitungsinfrastruktur für 50 Prozent der Parkplätze bereitgestellt werden (Schutzrohre). Zudem müssen für mindestens 15 Prozent der durchschnittlichen oder 10 Prozent der gesamten Nutzerzahl Fahrradstellplätze vorgesehen werden.
Öffentliche Gebäude mit mehr als 20 Parkplätzen müssen bis 2033 mindestens 50 Prozent der Stellplätze vorabverkabeln.
Inspektionen
Ab dem 1. Januar 2024 sind regelmäßige Inspektionen für Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen mit einer Nennleistung von mehr als 70 kW vorgeschrieben. Für Anlagen mit einer Leistung über 290 kW müssen diese Inspektionen alle drei Jahre durchgeführt werden, für Anlagen über 70 kW mindestens alle fünf Jahre. Dabei wird der Wirkungsgrad sowie die Dimensionierung der Anlagen überprüft. Ein Inspektionsbericht muss erstellt werden, der Empfehlungen zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Reduzierung fossiler Brennstoffe enthält.
Renovierungspässe und Intelligenzfähigkeit
Die Mitgliedstaaten müssen ein System für Renovierungspässe von Gebäuden entwickeln, die u.a. Informationen zur Energieeffizienz, Sanierungsfahrpläne und nationale Anforderungen enthalten. Zudem wird die EU-Kommission einheitliche Standards zur Bewertung der Intelligenzfähigkeit von Gebäuden einführen. Das Ziel dabei ist, dass Gebäude ihren Betrieb an die Bedürfnisse der Bewohner und das Netz anpassen, um die Gebäudeenergieeffizienz zu optimieren.
Ihr Ansprechpartner bei Arqum: Johannes Metzler