Nach langem Ringen verkündete die Bundesregierung am 09. November 2023 den Beschluss, die Stromsteuer für alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes auf das EU-Minimum von 0,05 Cent pro Kilowattstunde zu reduzieren. Diese Steuersenkung soll zunächst für die Jahre 2024 und 2025 gelten. Geplant ist, die reduzierte Stromsteuer anschließend drei weitere Jahre bis 2028 zu gewähren, falls im Bundeshaushalt eine Gegenfinanzierung möglich wird.
Derzeit liegt die Stromsteuer bei rund zwei Cent pro Kilowattstunde. Unternehmen konnten jedoch schon einen reduzierten Satz von 1,537 Cent geltend machen. Die Steuersenkung auf das EU-Minimum soll die Wirtschaft allein im kommenden Jahr um rund zwölf Milliarden Euro entlasten.
Strompreiskompensation wird verlängert
Zusätzlich sollen energieintensive Unternehmen entlastet werden, die sich besonders im internationalen Wettbewerb behaupten müssen. Um das zu erreichen, soll die bisherige Strompreiskompensation um fünf Jahre verlängert werden. Davon profitieren ca. 350 Unternehmen, die von den Kosten des CO2-Emissionshandels befreit werden – unter der Voraussetzung, dass diese Unternehmen bestimmte Energieeffizienz-Maßnahmen durchführen. Auch die Supercap-Regelung soll fortgesetzt werden. Diese begrenzt die indirekten CO2-Kosten von weiteren 90 Unternehmen auf 1,5 Prozent der individuellen Wertschöpfung. Zudem werden die Entlastungen ausgeweitet, indem Mindestbeträge entfallen.
Stromsteuer statt Spitzenausgleich
Dafür soll der bisherige Spitzenlastausgleich ab 2024 ersatzlos wegfallen: Bisher konnten Unternehmen des produzierenden Gewerbes eine Strom- und Energiesteuerrückerstattung (über das Formular 1449) beim Hauptzollamt beantragen. Damit war für einige Unternehmen eine Erstattung der gezahlten Stromsteuer von bis zu 90 Prozent möglich.
Plötzlich fehlen 60 Milliarden - und vieles steht in Frage
Wie es jetzt weitergeht und ob der Beschluss zur Stromsteuersenkung in geltendes Recht umgesetzt werden kann, ist noch unklar. Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts am 15. November 2023 klafft nämlich ein Milliardenloch im Klima- und Transformationsfonds.
Während der Coronakrise durfte der Bundestag – trotz geltender Schuldengrenze – neue Kredite aufnehmen. Im Nachtragshaushalt 2021 waren 60 Milliarden Euro für die Pandemiebekämpfung vorgesehen, die jedoch nicht abgerufen wurden. Statt dessen hatte die Regierung diese Gelder im Februar 2022 rückwirkend auf den Klima- und Transformationsfonds (KTF) übertragen.
Nach einer Klage der Unionsfraktion beim Bundesverfassungsgericht, erklärten die Karlsruher Richter, dieses Vorgehen als verfassungswidrig. Damit stehen der Regierung die umgebuchten, für den Klimaschutz vorgesehenen 60 Milliarden nicht mehr zur Verfügung.
Ist die Senkung der Stomsteuer gefährdet?
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat Bundesfinanzminister Christian Lindner eine Haushaltssperre ausgerufen. Nun muss die Bundesregierung viele ihrer geplanten Programme erstmal auf Eis legen. Welche Klimaschutzmaßnahmen verschoben, anders finanziert oder gestrichen werden müssen, ist jedoch noch unklar.
Besonders gefährdet sind Transformationsprogramme zur Klimaneutralität für die Industrie, aber auch die Zuschüsse für den Heizungstausch und die vorgesehenen Subventionen für energieintensive Branchen, um zu grünem Wasserstoff zu wechseln. Ebenso fehlen nun Mittel, die für den Ausbau des Wärmenetzes, der Elektromobilität oder des Schienennetzes der Deutschen Bahn vorgesehen waren. Zudem sollen die staatlichen Strom- und Gaspreisbremsen zum Jahresende auslaufen.